Diese Seite drucken
Artikel bewerten
(0 Stimmen)
Donnerstag, 19 April 2018 10:44

Jena: Darm-Leber-Sepsismodell auf dem Chip Empfehlung

Am 17. April stellte Dr. Alexander Mosig vom Universitätsklinikum Jena sein aktuelles Forschungsprojekt, ein Darm-Leber-Sepsis-Modell auf dem Chip vor Nachwuchswissenschaftlern der Technischen Universität Berlin vor.


Eine Behandlung mit Antibiotika kann leicht zu einer Verschiebung der Artenzusammensetzung der Darmbakterien führen und Pathogene begünstigen. Im Ernstfall sind es behandlungsresistente Keime, die gefördert werden, was bedeutet, dass sich die Beschwerden des Patienten wie Durchfall und Bauchschmerzen manifestieren.

Normalerweise bilden die Epithelzellen der Darmwand eine dichte Barriere gegen Bakterien und Toxine. Unter bestimmten Umständen, z.B. bei der Einnahme bestimmter Medikamente oder auch dauerhaftem Stress kann sie durchlässig werden für Bakterien, Bakterienbestandteile und deren Toxine. Diese können ins Blut übertreten, das Immunsystem aktivieren und Enzündungsreaktionen auch an anderen Organen auslösen.

Eine Blutvergiftung (Sepsis) zieht die Aktivierung von Immunzellen wie Monozyten oder neutrophile Granulozyten u.a. nach sich. Immunbotenstoffe wie Zytokine und Chemokine (vor allem IL-1, IL-6, IL-8, TNF) werden ausgeschüttet und führen zu Reaktionen in den umliegenden Organe. Den schlimmsten Fall können Menschen mit Colitis ulcerosa erleiden: Unter bestimmten Umständen kann es zu einem septischen Schock mit folgendem Multiorganversagen kommen. Hierfür gibt es derzeit keine Therapie, Colitis ulcerosa-Patienten wird häufig ein Stück Darm entfernt. Forschung für erfolgreiche Therapien ist dringend notwendig.

Die genauen Mechanismen, die letztlich zu all diesen Entwicklungen führen, sind noch nicht hinreichend erforscht. Daher sind aussagekräftige Modelle gefragt. Tiermodele eignen sich hier nur bedingt, weil ihre "Konstruktion" meist mit der Herabsetzung des Immunsystems verbunden ist. Gerade diese Einflüsse des Immunsystems untersucht Dr. Alexander Mosig jedoch.

Gemeinsam mit seinem Team vom Universitätsklinikum in Jena hat er daher ein sogenanntes Darm-Leber-Sepsis-Modell auf dem Mikrochip entwickelt. Das Modell besteht aus humanem Darm- und Lebergewebe und wird von Immunzellen umflossen. Der simulierte Darm ist in der Lage, aufgrund von unterschiedlichen Fließdruckverhältnissen zweier Fließkreisläufe
(endothelwärts und epithelwärts) peristaltische Bewegungen auszuführen. Die Epithelzellen bilden im Modell alle nötigen Proteine aus. Integriert wurden Makrophagen und Dendritische Zellen, deren "Arbeit" sich bei Hinzugabe von Lipopolysacchariden, die das Immunsystem triggern, gut studieren lassen.

Neben zellbiologischen Untersuchungen können mittels Sensoren auch Sauerstoff-, Glucosegehalt und pH gemessen werden.  Studieren lässt sich neben den Reaktionen auch die Durchlässigkeit der Darmbarriere, das Eindringen der Bakterien in der Leber und ihre Regenerationsfähigkeit.

Eines der Ziele ist ein aussagekräftiges Modell zu bieten, mit dem Arzneimittel getestet werden können.


Außerdem vielleicht interessant:
http://www.papas.at/therapie/konservativ/chronisch-entzuendliche-darmerkrankung-ced/