Dienstag, 07 Mai 2019 14:15

Auch Botox-Diagnostik ohne Tierversuch möglich Empfehlung

Zur Diagnose von Botulinumtoxinvergiftungen in klinischen Proben und Lebensmitteln hat das Robert-Koch-Institut in Berlin ein Ersatzverfahren zum Test an Mäusen vorgestellt.


Der LD50-Test mit Mäusen zur Chargenprüfung des Faltenkillers Botulinum-Toxin (Botox) ist inzwischen allgemein bekannt. Verschiedene Hersteller wie Allergan, Ipsen oder Merz haben für die Mäusetests jeweils eine Ersatzmethode mit Zellen für ihre Chargenprüfungen entwickelt, die auch behördlich anerkannt ist. Weniger bekannt ist jedoch, dass bislang auch zur Diagnose von Lebensmittelvergiftungen der qualvolle Maustest verwendet wird, bei dem die Probe den Mäusen in die Bauchhöhle gespritzt wird und die Tiere qualvoll durch Atemlähmung ersticken müssen. Für den Ersatz dieses Maus-Bioassay hat nun das Robert-Koch-Institut ein tierversuchsfreies Verfahren vorgelegt.

Es basiert auf der Tatsache, dass das Toxin des Bakteriums Clostridium botulinum und anderer verwandter Bakterien bestimmte Zielproteine (Substrate SNAP-25 oder VAMP-2) in der Synapse der Nervenzelle in zwei Teile schneidet. Dadurch wird die Verschmelzung von Nervenbotenstoff-gefüllten Transportvesikeln mit der synaptischen Membran und damit die Ausschüttung des Botenstoffs verhindert. Es sind sieben verschiedene Toxin-Serotypen bekannt, benannt nach den Buchstaben A-F sowie neuerdings auch Serotyp H, die bei Botulinum-Vergiftungen eine Rolle spielen könnten. Sie schneiden das Zielprotein an unterschiedlicher Stelle, so dass sie dadurch unterscheidbar werden.

Die Forscher des RKI haben spezielle Antikörper entwickelt, mit denen die einzelnen geschnittenen Fragmente durch die Serotypen A bis F mit hoher Spezifität erkannt werden können. Intakte synaptische Zielproteine bleiben unberücksichtigt. Der Test kann alle gängigen Botulinumtoxin-Serotypen erkennen. Er ist konzipiert, um klinische Patientenproben und Lebensmittelproben auf Botulinumtoxine hin zu untersuchen.

Mit ihrer Entwicklung sind die Forscher in guter Gesellschaft. Immer mal wieder entwickeln Wissenschaftler ein Botulinum-Testverfahren. Prof. Gerhard Püschel von der Universität Potsdam hat bereits 2015 eines zur Botulinumdetektion in Lebensmitteln vorgestellt. Allerdings nutzte er dafür Zellen. Lebende Systeme sind teuer und brauchen Pflege. Das RKI-Verfahren verwendet Antikörper auf einer Plattform. Solch ein Verfahren ist pflegeleicht und lässt sich im großen Stil umsetzen.

Die Wissenschaftler haben ihren Test im Journal Scientific Reports vorgestellt.

Laura von Berg, Daniel Stern, Diana Pauly, Stefan Mahrhold, Jasmin Weisemann, Lisa Jentsch, Eva-Maria Hansbauer, Christian Müller, Marc A. Avondet, Andreas Rummel, Martin B. Dorner & Brigitte G. Dorner (2019). Functional detection of botulinum neurotoxin serotypes A to F by monoclonal neoepitope-specific antibodies and suspension array technology. Scientific Reports 9: 5531. https://www.nature.com/articles/s41598-019-41722-z

Weitere Informationen:
https://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/infektionskrankheiten/article/985687/neue-methode-botulismus-diagnostik-tierversuch.html
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Botulismus.html