Dienstag, 29 Oktober 2019 13:16

Mit Prime Editing zu genaueren genetischen Veränderungen Empfehlung

Forscher des Broad Institute of Harvard and MIT at Cambridge haben ein neues Genediting-Verfahren entwickelt, das weitaus präziser genetisches Material verändert als das derzeit in Gebrauch befindliche CRISPR/Cas9. Das Verfahren heißt Prime Editing und soll hinsichtlich einer zukünftigen Behandlung von Erbkrankheiten vielversprechend sein.


CRISPR/Cas9 war über mehrere Jahre die Technik zur genetischen Veränderung von Zellen. In der Nähe von gehäuft auftretenden Sequenzen, die von vorwärts oder rückwärts gelesen die gleiche Information ergeben (Palindrome) haben Forscher vor vielen Jahren die Information für das wichtige Protein, Cas, gefunden. Es stammt urprünglich von einem bakteriellen Abwehrsystem, mit dem sich das Bakterium gegen Viren wehren kann, indem sie die eindringenden Sequenzen erkennt, zerschneiden kann damit unschädlich machen kann. Es funktioniert aber auch in allen anderen Zellen. Wissenschaftler haben sich diesen Mechanismus zunutze gemacht, indem sie die RNA für das Cas-Protein und eine Guide-Sequenz mit der Information, an welcher Stelle zelleigene DNA geschnitten werden soll, in die Zelle einbringen. Der natürliche Reparaturmechanismus ergänzt nun das fehlende DNA-Stück und fügt die Enden wieder zusammen. Über dieses Verfahren lassen sich DNA-Bausteine entfernen, austauschen oder einfügen.

Unbeabsichtigte Schnitte im DNA-Strang seien selten, so hieß es, aber es gibt sie. Mit der Genschere CRISPR wurde die DNA an dem Zielort zwar geschnitten, aber mit dem zelleigenen Korrektursystem reverse Transkriptase nicht immer so genau korrigiert wie gewünscht. So war der Korrekturbereich oft "heterogen". Und deshalb unter anderem ist das Verfahren für therapeutische Zwecke zur Behandlung menschlicher Erbkrankheiten z.B. zu heikel. Das könnte aber auch bedeuten, dass unzählige gentechnisch veränderte Tiere, sogenannte "Krankheitsmodelle" eventuell einen fragwürdigen Genotyp hatten.

Abhilfe soll nun das neue Verfahren aus der Talentschmiede des Broad Institute um Prof. David Liu, stellvertretender Vorsitzender der Fakultät und Direktor des Merkin Institute of Transformative Technologies in Healthcare am Broad Institute und Dr. Andrew Anzalone, Postdoc am Lius Labor des Broad Institutes, schaffen: sie liefern die reverse Transkriptase einfach mit und bemühen nicht die zelleigene, potenziell fehleranfällige. CRISPR-Cas9 wurde mit einer reversen Transkriptase in einem Werkzeug kombiniert. Der molekulare Komplex nutzt einen Strang der Ziel-DNA-Stelle, um das direkte Transkript der bearbeiteten genetischen Information in das Genom zu bringen. Über Prime Editing haben die Wissenschaftler die Mutation der Sichelzellenanämie direkt in die normale Sequenz zurückgeführt und vier zusätzlichen DNA-Basen entfernt, die die Tay-Sachs-Krankheit verursachen, berichteten sie in der Zeitschrift Nature, wo sie ihre Arbeit publiziert haben.

Andrew V. Anzalone, Peyton B. Randolph, Jessie R. Davis, Alexander A. Sousa, Luke W. Koblan, Jonathan M. Levy, Peter J. Chen, Christopher Wilson, Gregory A. Newby, Aditya Raguram & David R. Liu (2019). Search-and-replace genome editing without double-strand breaks or donor DNA. Nature. 2019 Oct 21. DOI: 10.1038/s41586-019-1711-4

Quellen:
https://www.broadinstitute.org/news/new-crispr-genome-editing-system-offers-wide-range-versatility-human-cells
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/prime-editing-als-hochpraezise-variante-des-crispcas9-systems/

Weitere Informationen:
https://www.spektrum.de/wissen/gen-editing-die-5-wichtigsten-fragen-zu-crispr-cas9/1441060