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Dienstag, 21 April 2020 11:36

Weißes Fettgewebe auf dem Chip für die Adipositas und Diabetesforschung Empfehlung

Forscher*innen der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen und Bioverfahrenstechnik IGB haben ein neues Organ auf dem Chip entwickelt: das weiße Fettgewebe auf dem Chip (WAT-on-a-Chip).


Da viele, auf weißes Fettgewebe zurückzuführende, pathophysiologische Mechanismen von Diabetes- oder Adipositas beim Menschen noch immer nicht ausreichend erforscht sind, weil bislang meist mit Tiermodellen gearbeitet wird, haben Wissenschaftler*innen um Prof. Peter Loskill und Prof. Katja Schenke-Layland einen WAT-on-a-Chip entwickelt.

Für ihr Modell haben die Wissenschaftler*innen funktionelle reife humane weiße Adipozyten in eine mikrofluidische Plattform integriert und kultiviert. Die Zellen erhielten die Forscher aus der plastischen Chirurgie. Aus erhaltenen subkutanen Fettgewebe wurden primäre reife Adipozyten isoliert, in die mikrofluidischen Kammern injiziert und darin kultiviert. Derartige Zellen besitzen Insulin- und adrenerge Rezeptoren (1). Ihre Hauptaufgabe ist die Speicherung und Abgabe von Triglyceriden, was einer strengen Hormonregulation unterliegt (2).

Nach Qualitätskontrollen wurden die Zellen auf ihre Fettsäureaufnahme und Freisetzung hin analysiert. Die Funktionsfähigkeit des Systems wurde belegt, indem die Zellen u.a. mit einer pharmazeutisch wirksamen Substanz (Isoproterenol-Hydrochlorid) exponiert wurden, die einen Einfluss auf den Fettsäurestoffwechel hat.

Modell des WAT-on-a-Chip.
Quelle: Rogal, Binder, Kromidas et al. (2020). Scientific Reports 10:6666



Das neuartige System ist sowohl in der Grundlagenforschung einsetzbar, als auch für Untersuchungen von Krankheitsmechanismen der Adipositas und Diabetes sowie für die Forschung und Entwicklung von Arzneimitteln und im Bereich der personalisierten Medizin nutzbar. Von besonderem Interesse ist das Modell jedoch für eine Integration des weißen Fettgewebes in Multiorgan-on-a-Chip-Plattformen, denn der Fettstoffwechsel hat auch einen Einfluss auf andere Stoffwechselprozesse, die Forscher mit modernen Multiorgan-Chips nachstellen. Das Ziel ist der Human-on-a-Chip, dem die Entwickler*innen mit dem WAT-on-a-Chip einen Schritt näher gekommen sind.

Originalpublikation:
Rogal, J., Binder, C., Kromidas, E., Roosz, J., Probst, C., Schneider, S., Schenke-Layland, K. & Loskill1, P. (2020). WAT-on-a-chip integrating human mature white adipocytes for mechanistic research and pharmaceutical applications. Scientific Reports 10:6666. https://doi.org/10.1038/s41598-020-63710-4

Weitere Informationen:
(1) https://viamedici.thieme.de/lernmodule/histologie/fettgewebe+histologie
(2) https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-292006/groesstes-endokrines-organ-des-koerpers/