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Sonntag, 28 November 2021 22:47

Seltene Erkrankungen: Myasthenia gravis mit Organ-on-a-Chip untersucht Empfehlung

Forscherinnen und Forscher der Universität von Central Florida und des Unternehmens Hesperos mit Sitz in Orlando haben ein Organ-on-a-Chip-Modell entwickelt, mit dem die Mechanismen der seltenen Autoimmunerkrankung Myasthenia gravis untersucht werden können.


Myasthania gravis ist eine belastungsabhängige Muskelschwäche, die durch eine Beeinträchtigung der Reizübertragung vom Nerv auf den Muskel verursacht wird. Infolgedessen ist die Muskelanspannung nach einem Nervenreiz gestört. Grund ist die Bildung körpereigener Antikörper, die Rezeptoren der Muskeloberfläche angreifen, blockieren oder zerstören. Die Erkrankung kann sich in Sehstörungen äußern, aber auch andere Muskelgruppen bis hin zur Atemmuskulatur betreffen. Sie ist nicht heilbar1. Die Betroffenen müssen immunsupprimierende Arzneimittel nehmen2 und mit Einschränkungen leben, so dass verbesserte Therapien gefragt sind.

Grundlagen, aber auch mögliche Therapien dieser seltenen Erkrankung werden bislang meist mit Mäusen erforscht. Bei experimentellen Myasthenia Gravis-Tiermodellen werden die Tiere mit fremden Acytcholinrezeptoren immunisiert und damit eine Immunreaktion auch gegen die eigenen Aacetylcholinrezeptoren ausgelöst. Sie entwickeln so Myasthenia gravis-ähnliche Symptome. Dann wird versucht, die Symptome zu therapieren. Es gäbe jedoch einen erheblichen Mangel an prädiktiven In-vivo-Modellen, die die Krankheitspathologie genau simulieren können, meinen WissenschaftlerInnen. Dies sei durch Unterschiede zwischen den Immunsystemen von Menschen und Versuchstieren bedingt. Zudem komme es zu einer hohen Sterblichkeitsrate der Tiere aufgrund der Schwere der Erkrankung, was die statistische Analyse verzerre, so die AutorInnen der aktuellen Studie. Auch machen häufig individuelle Unterschiede unter den Patienten eine personalisierte Medizin notwendig.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Florida entwickelten ein Kokulturen-Modell aus primären menschlichen Skelettmuskeln und aus von induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSC) abgeleiteten Motoneuronen in serumfreiem Medium, die zusammen eine funktionelle neuromuskuläre Verbindung nachahmen. Die Zellen wurden mit einem Antikörper gegen den Acetylcholinrezeptor zusammengebracht, um die Erkrankung auszubilden. Die Forscher beobachteten, dass der Antikörper die Stabilität der neuromuskulären Verbindung reduzierte. Eine besondere Rolle spielt das Komplementsystem, das eine ergänzende Funktion bei der Antikörperantwort hat3.

Die Wissenschaftler haben ihre Untersuchung im Journal Frontiers in Cell and Developmental Biology veröffentlicht:
Smith, V.M., Nguyen, H., Rumsey, J.W., Long, C.J., Shuler, M.L. & Hickman, J.J. (2021). A Functional Human-on-a-Chip Autoimmune Disease Model of Myasthenia Gravis for Development of Therapeutics. Front. Cell Dev. Biol. 9:745897. doi:10.3389/fcell.2021.745897.

Quelle:
https://hesperosinc.com/myasthenia-gravis-publication/

Weitere Informationen:
1 https://dmg-online.de/myasthenie/myasthenia-gravis
2 https://link.springer.com/referenceworkentry/10.1007%2F978-3-662-44768-0_41-1
3 https://flexikon.doccheck.com/de/Komplementsystem