Freitag, 11 April 2025 14:09

Adé monoklonale Antikörperproduktion am Tier - USA ersetzt sie durch humanbasierte Verfahren Empfehlung

Wie Börsennachrichten-Plattformen berichten, kündigt die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) am Donnerstag Pläne an, Tierversuche bei der Entwicklung von monoklonalen Antikörpertherapien und anderen Medikamenten schrittweise einzustellen. Die traditionelle Methode soll durch "humanrelevante Verfahren" ersetzt werden, zu denen auch KI-basierte Modelle gehören werden.


In Europa und auch in Deutschland sind ForscherInnen und industrielle EntwicklerInnen noch nicht so weit: Bei der Entwicklung und Herstellung von polyklonalen und monoklonalen Antikörpern sowie anderen Affinitätsreagenzien werden trotz Verfügbarkeit von tierfreien und human-basierten Technologien immer noch Tiere eingesetzt. Im Jahr 2022 sollen für die Antikörperproduktion EU-weit noch immer mehr als 184.830 Tiere verwendet worden sein.

Zur Herstellung polyklonaler Antikörper werden Mäuse, Kaninchen, aber auch Ziegen, Schafe oder Ziegen genutzt, für die Produktion von monoklonalen Antikörpern meist Mäuse unter schwer belastenden Bedingungen ausgebeutet. Dabei spielt noch immer die sogenannte Asites-Maus eine Rolle – wenn auch nicht mehr so häufig wie früher, da sie nur in Ausnahmefällen erlaubt ist. Dabei werden sogenannten Hybridomzellen (Antikörper-produzierende Tumorzellen) in die Bauchhöhle gespritzt. Dadurch kommt es zu multiplen wachsenden Tumoren, und durch toxische Reizung der Bauchhaut und Wachstum der Hybridomzellen zu einer serösen Flüssigkeitsbildung im Bauchraum (Aszites). Die monoklonalen Antikörper werden von den Hybridomzellen in die Bauchwasserflüssigkeit abgegeben. Zur Isolation der Antikörper wird die Flüssigkeit durch Punktion gewonnen. (1) Das Verfahren ist mit erheblichen Schmerzen und
Leiden für die Tiere verbunden.

Auch in Deutschland wurden sowohl 2023 als auch 2024 noch zahlreiche Mäuse, Ratten und Kaninchen zur Produktion monoklonaler Antikörper für die weitere Therapeutika- oder Diagnostika-Entwicklung genutzt. (2) Seit Ende der 80er Jahren empfehlen Forscherinnen und Forscher bereits, den hochbelastenden Versuch am Tier zu verbieten und stattdessen tierfreie Verfahren anzuwenden. „In Ausnahmefällen“ ist das Verfahren aber weiter erlaubt – und wird auch genutzt. Die Europäische Validierungsbehörde ECVAM schätzte 2020, dass Forscher tierfreie Antikörper nicht häufig genug wegen einer Neigung zu bestehenden Methoden, einem mangelnden Bewusstsein für den aktuellen wissenschaftlichen Stand und aufgrund wissenschaftlicher Missverständnisse nutzen. Wirtschaftliche und vertragliche Zwänge und ein begrenzter Zugang zu Einrichtungen hielten sie davon ab, solche tierfreien Antikörper herstellen. (3) In Übereinstimmung mit den rechtlichen Anforderungen der EU-Richtlinie 2010/63/EU zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere sollten Tiere jedoch nicht in Verfahren verwendet werden, in denen es eine tierversuchsfreie Alternative gibt, die den gleichen oder einen höheren Grad an Informationen liefern, wie sie aus Tierversuchen gewonnen werden. (4,5)

Dabei sind am Tier aus Hybridomen produzierte monoklonale Antikörper gar nicht so monospezifisch wie gedacht, es kommt z.B. häufig zu unerwünschten Beiprodukten. Dabei sind die Vorteile tierfrei erzeugter Antikörper vielfältig. zu erwähnen sei dabei z.B. der unendliche Nachschub bei gleichbleibender Qualität der Antikörper, die Reproduzierbarkeit, die skalierbare Produktion, schnelle Erzeugung.

Aber dennoch: Derzeit nutzen nur 1% aller Forscher und Entwickler in Deutschland die durch z.B. das Phagendisplay erzeugten tierfreien Antikörper (Abcalis, persönliche Mitteilung, (6)). Ein Grund mehr, mal wieder darüber nachzudenken.

Quellen:
https://de.marketscreener.com/
https://de.investing.com/news/

Weitere Informationen:
(1) Kuhlmann I I, Kurth W, Ruhdel I I. Monoclonal antibodies: in vivo- and in vitro-production in laboratory scale with consideration of the legal aspects of animal protection. ALTEX. 1989;6(2):12-26. English. PMID: 11208272.
(2) Bundesinstitut für Risikobewertung (2025). AnimalTestinfo. Datenbank zu Tierversuchsvorhaben in Deutschland. https://www.animaltestinfo.de/
(3) European Commission: Joint Research Centre, VIEGAS BARROSO, J.F., HALDER, M.E. and WHELAN, M., EURL ECVAM Recommendation on Non-Animal-Derived Antibodies, Publications Office of the European Union, Luxembourg, 2020, https://data.europa.eu/doi/10.2760/80554, JRC120199. https://publications.jrc.ec.europa.eu/repository/handle/JRC120199
(4) https://t3n.de/news/
(5) Bundesverband Menschen für Tierrechte (2022). Replacement des Jahres 2022: Phagen-Display statt Tiere in der Antikörperproduktion. https://www.tierrechte.de/
(6) https://abcalis.com/