Staatssekretärin Ophelia Nick, Tierschutzforschungspreisträger Prof. Dr. Hans Clevers (l), Tierschutzpreisträger Prof. Dr. Adrian Smith, Leiter des Bf3R, Prof. Dr. Gilbert Schönfelder (r).
Quelle: BMEL.
Erfreulich war im letzten September zu vernehmen, dass die Bundesregierung die Summe des zu vergebenden Tierschutzforschungspreises von 25.000 Euro auf insgesamt 220.000 Euro aufgestockt hatte. Damit verbunden war die Absicht, dem Preis insgesamt mehr internationale Relevanz zu verleihen. Die Summe teilt sich in drei Kategorien auf: es wird ein internationaler Forschungspreis für Innovationen mit einem sehr großen Einfluss auf dem Gebiet des Ersatzes oder der Verminderung von Tierversuchen auf globaler Ebene verliehen. Zweitens gibt es einen nationalen Nachwuchswissenschaftspreis für innovative, zukunftsweisende wissenschaftliche Abschluss- oder Folgearbeiten zum Ersatz oder zur Reduktion von Tierversuchen. Der dritte Preis ist ein internationaler Tierschutzpreis für gesellschaftliches und bürgerschaftliches Engagement im Bereich der Versuchstiere. Eine weitere, nicht unerhebliche Neuerung ist, dass im Gegensatz zu früheren Jahren nur noch nationale 3R-Zentren sowie die Leitungen nationaler Forschungseinrichtungen im Bereich der Lebens- und Naturwissenschaften vorschlagsberechtigt sind. In der Jury sitzen jedoch neben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auch zwei Tierrechtsorganisationen.
Humanorganoide mit weitreichenden Auswirkungen auf die Arzneimittelforschung
Der internationale Tierschutzforschungspreis wurde in diesem Jahr an den weltweit führenden Experten in der Organoid-Forschung, Professor für Molekulargenetik Hans Clevers, von der Universität Utrecht vergeben. Der Wissenschaftler habe "die Grundlage für die Organoidforschung geschaffen", begründete Dr. Ophelia Nick, parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft begeistert. Der Immunologe untersucht die molekularen Mechanismen der Gewebeentwicklung und der Entstehung und Entwicklung von Krebs in verschiedenen Organen.
Prof. Clevers bei seinem Vortrag mit Einsatz von vielbeachteten KI-Erklärfilmsequenzen.
Foto: BMEL.
Dafür werden aus menschlichen adulten Stammzellen Organoide entwickelt. Bei den Forschungen spielte u.a. der sogenannte Wnt-Signalweg eine wichtige Rolle. Prof. Clevers ist einer der führenden Forscher auf dem Gebiet und gilt seit Jahren als Kandidat für den Nobelpreis. Sein Wechsel 2022 zum Pharmakonzern markierte einen Wendepunkt in der Kommerzialisierung der Organoid-Technologie: Als Leiter der Pharmaforschung und frühen Entwicklung beim Schweizer Pharmariesen ROCHE hat er den Einsatz dieser humanspezifischen organ-ähnlichen Systeme stark gefördert. Als erster Pharmakonzern weltweit will ROCHE Organoide inzwischen flächeneckend in der Forschung einsetzen. Prof. Clevers ist der Meinung, dass die Technologie inzwischen ein Niveau erreicht hat, auf dem sie für die Pharmaforschung interessant sein sollte.
Gute Versuchsplanung mit norecopa-Checklisten
Der internationale Tierschutzpreis für gesellschaftliches und bürgerschaftliches Engagement im Bereich der Versuchstiere ging an Prof. Dr. Adrian Smith. Er betreut seit Jahrzehnten die bekannte Internetplattform norecopa. Hier finden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler alle möglichen Informationen, um einen Tierversuch u.a. hoch qualitativ planen zu können.
Prof. Dr. Adrian Smith.
Foto: BMEL.
Dazu gehört eine Recherche, ob die Fragestellung nicht mit einer anderen Methode als den Tierversuch beantwortet werden kann, wofür z.B. die Datenbank NORINA zur Verfügung steht. Neben zahlreichen Informationen zu tierversuchsfreien Alternativen sind auch Film- und Ausbildungsmaterialien auf der norecopa-Plattform zu finden. Eine Besonderheit sind die PREPARE guidelines (Planning Research and Experimental Procedures on Animals: Recommendations for Excellence). Neben aus einer 2-seitigen Checkliste, die in über 30 Sprachen übersetzt wurde, besteht PREPARE aus einem Websitenauftritt mit weiterführenden Beratungsleistungen rund um das Thema Tierversuche.
Leider ist aber die zweite Kategorie in diesem Jahr gar nicht vergeben worden, nämlich für herausragende Nachwuchsforschungsleistungen zum Ersatz und zur Verminderung von Tierversuchen. Bedingt durch eine unausreichende Kommunikation darüber, dass nur noch bestimmte Einrichtungen vorschlagsberechtigt sind und eine dadurch bedingte zu kurze Bewerbungsfrist gingen lediglich zwei Bewerbungen sein, die nicht den Voraussetzungen entsprachen. Das Preisgeld wurde vom Ministerium einbehalten.
Weitere Informationen, z.B. in Form eines Podcasts auf Deutschlandradio:
Mini-Organe aus Labor können Tierversuche ersetzen