Dienstag, 30 Juli 2024 13:43

Hoffnung für den Pfeilschwanzkrebs: Synthetische Alternative zum Test auf Endotoxine Empfehlung

Die USA haben in ihrem Arzneibuch synthetische Alternativen zum Blut des Pfeilschwanzkrebses anerkannt. So können nun synthetische Alternativen wie z.B. der rekombinante Faktor C-Test als Nachweis zur Quantifizierung von Endotoxinen in Medizinprodukten genutzt werden.


Das bisher in vielen Laboratorien etablierte Verfahren zur Quantifizierung von Endotoxin, also von Bestandteilen der Lipopolysaccharide der äußeren Zellmembran gramnegativer Bakterien, ist der Limulus-Amöbozyten-Lysat-(LAL)-Test. In den 1970er-Jahren wurde ein erster in vitro-Test zum Nachweis von Endotoxinen und hitzestabilen Zellwandbestandteilen gram-negativer Bakterien sowie Blaualgen entwickelt. Der Test beruht jedoch auf einer Reaktion des Blutes des Pfeilschwanzkrebses (Limulus polyphemus). Eine Infektion mit gram-negativen Bakterien führt zu einer Blutgerinnung, da das bakterielle Endotoxin mit einem Gel-bildenden Protein in den Blutzellen (Amoebozyten) der Tiere reagiert. Dieser Test ist in den USA nun nicht mehr vorgeschrieben.


Pfeilschwanzkrebs (Limulus polyphemus).
Grafik: Computer-generiert.


In der Industrie und im amerikanischen Kongress gibt es führende Vertreter, die sich für synthetische Testalternativen einsetzen. Im Kongress haben der Abgeordnete Frank Pallone und Senator Cory Booker, beide aus New Jersey, die Annahme der Änderung von Kapitel 86 unterstützt. Die Alternativen sind sicher, wirksam und verursachen nicht die ökologischen Kosten des LAL, heißt es. Das Pharmaunternehmen Eli Lilly verwendet seit 2016 eine tierversuchsfreie Alternative, den rekombinanten Faktor C.

Die weltweit steigende Nachfrage nach z.B. Impfstoffen und damit auch nach Pfeilschwanzkrebsblut hat deren Populationen seit langem stark belastet und zudem die biologische Vielfalt bedroht. So hängt die Population des Knuttstrandläufer (Calidris canutus)  von der Gesundheit der Pfeilschwanzkrebse ab, auf deren Eier er als Nahrung angewiesen ist. Europa muss nun schnell nachziehen, nachdem bereits der Pyrogentest am Kaninchen ersetzt worden ist.

Auch der sogenannte Monozytenaktivierungstest (MAT) wäre als Ersatz geeignet. Bei dem Test wird eine angeborene menschliche Immunreaktion auf sogenannte Pyrogene, also bakterielle Substanzen wie z. B. Zellwandfragmente, Partikel von Hefen, Pilzen oder Viren, genutzt. Auf ihrer 179. Sitzung im Juni 2024 hat die Europäische Arzneibuch-Kommission 57 überarbeitete Texte angenommen, mit denen die vollständige Streichung des Tests auf fieberauslösende Substanzen am Kaninchen (Pyrogentest) im Europäischen Arzneibuch erreicht wurde. Anstelle des Kaninchens, das nicht immer zuverlässig in allen Fällen die Fieberreaktion angezeigt hatte, muss nun der MAT oder ein anderer Test genutzt werden. Den LAL mit Blut von Pfeilschwanzkrebsen hatten sie leider nicht behandelt.

Der MAT weist ein wesentlich breiteres Detektionsspektrum als der Limulus-Amöbozyten-Lysat (LAL)-Test nach, mit dem sich eingeschränkt nur Lipopolysaccharide Gram-negativer Bakterien (Endotoxine) nachweisen lassen.

Quellen:
https://www.humanesociety.org/news/horseshoe-crab-recovery-coalition-celebrates-us-pharmacopeia-recognition-synthetic
https://pallone.house.gov/media/press-releases/pallone-urges-swift-use-new-biomedical-guidelines-protect-horseshoe-crabs-and
https://www.researchgate.net/
https://www.invitrojobs.com/index.php/de/neuigkeiten/news-archiv/item/6481-tests-auf-fieberausloesende-substanzen-kanincheneinsatz-endlich-gestrichen
https://www.invitrojobs.com/index.php/de/neuigkeiten/news-archiv/item/5935-monozyten-aktivierungstest-aenderung-des-europaeischen-arzneibuchs
https://www.invitrojobs.com/index.php/de/forschung-methoden/arbeitsgruppe-im-portrait/item/1289-arbeitsgruppe-im-portrait-klinisches-forschungslabor-kinderherzchirurgie-des-universitaetsklinikums-tuebingen